Kommentar |
Mit Liedkompositionen rückt die Lehrveranstaltung eine Gattung in den Mittelpunkt, die sich im 19. Jahrhundert in stärkerem Maße als jede andere Gattung wandelt, differenziert und erweitert. Einen grandiosen Aufwertungs- und Nobilitierungsprozess erlebt das Lied im 19. Jahrhundert auf allen Ebenen: kompositorisch in der Entwicklung zu größeren und komplexeren Formen, in seinem ästhetischen Anspruch sowie hinsichtlich der Aufführungsräume und Öffentlichkeitswirksamkeit. Zentrale Aspekte, die wir mit dem Begriff „Kunstlied“ verbinden – einen emphatischen Werkbegriff, eine Vielfalt von Erscheinungsformen (Klavierlied, Orchesterlied, „Lieder ohne Worte“ etc.), die Aufführungsform „Liederabend“ und vieles mehr –, sind Errungenschaften, die sich das Lied im 19. Jahrhundert erschließt. Und nicht nur als Inbegriff romantischen Musizierens, sondern auch als Experimentierfeld und Katalysator zur Auslotung neuer textlich-musikalischer Ausdrucksintensitäten spielen Liedkompositionen im 19. Jahrhundert eine wesentliche Rolle: So rubriziert Richard Wagner seine Wesendonck-Lieder 1857/58 als „Studien zu Tristan und Isolde“, Arnold Schönberg findet über Vertonung von Stefan Georges „Buch der hängenden Gärten“ (1908/09) den Weg in Atonalität, und Gustav Mahlers Symphonik gewinnt ihre ganz eigene Ausdrucksdimension nicht zuletzt durch seine Auseinandersetzung mit Liedern.
Die Lehrveranstaltung setzt bei der Etablierung eines neuartigen Liedideals um 1800 ein und vollzieht anhand ausgewählter Beispiele die vielschichtige und spannungsvolle Gattungs- und Kulturgeschichte des Liedes bis zur Wende zum 20. Jahrhundert nach. |
Literatur |
Brinkmann, Reinhold, „Musikalische Lyrik im 19. Jahrhundert“, in: Musikalische Lyrik, hrsg. v. Hermann Dauser, Teil 2, Laaber 2004 (Handbuch der musikalischen Gattungen Bd. 8.2), S. 9–124, |
Bemerkung |
AS: Gattungen/Werke/Epochen (AM1), AS: Kontexte/Ethnologien/Kulturen (AM2)
VS: Gattungen/Werke, Kontexte (VM1,VM2) |
Leistungsnachweis |
BN: Regelmäßige Anwesenheit, aktive mündliche Mitarbeit sowie Vor- und Nachbereitungen, Übernahme von Kurzreferaten und Vorstellung eigener Analyseergebnisse.
AP: Referat und Studienarbeit oder Hausarbeit; mündliche Prüfung
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