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BS Analyse: Der innige Verein der Einzelheiten zu einem Ganzen: Das Primat der Form in Beethovens Klaviersonaten - Einzelansicht

Grunddaten
Veranstaltungsart Seminar Langtext
Veranstaltungsnummer Kurztext BS
Semester WiSe 2020/21 SWS 2
Erwartete Teilnehmer/-innen Max. Teilnehmer/-innen 30
Rhythmus jedes Semester Studienjahr
Credits 2 Belegung Belegpflicht
Hyperlink  
Belegungsfrist Anmeldefrist MuWi 27.09.2020 - 23.10.2020

Belegpflicht
Termine Gruppe: [unbenannt] iCalendar Export für Outlook
  Tag Zeit Rhythmus Dauer Raum Raum-
plan
Lehrperson Status Bemerkung fällt aus am Max. Teilnehmer/-innen
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Do. 17:00 bis 19:00 woch von 29.10.2020  Homberger Straße - H 10         30
Gruppe [unbenannt]:
 


Zugeordnete Person
Zugeordnete Person Zuständigkeit
Kammertöns, Christoph , Dr. verantwortlich
Zuordnung zu Einrichtungen
Fachbereich Musik
Fachbereich Musikvermittlung
Musikwissenschaftliches Institut
Inhalt
Kommentar

Adolf Bernhard Marx, den Ludwig van Beethoven als »geistreichen Herrn Marx« wertschätzte, fand in der »Sonatenform« das »Ganze in seiner innern Einheit« musikalisch verwirklicht:
»Nicht mehr das Einzelne […] in seiner Vereinzelung soll gelten, sondern der innige Verein der Einzelheiten […] zu einem Ganzen«. Diese fast beschwörenden Worte verweisen auf das Prozessuale des Formbegriffs, denn der »innige Verein« ist musikalisch nur als Ergebnis des Vereinens, des ›Komponierens‹, denkbar. In diesem Sinne demonstrieren Beethovens Klaviersonaten exemplarisch »die Macht der in Schillers Kunsttheorie emphatisch begründeten Instanz der Form, durch die erst der Stoff sich zum Kunstwerk organisiert […]« (Hans-Joachim Hinrichsen).

Wenn Musik in der Zeit stattfindet, sich also das ›Vereinen‹ auch im Hörprozess nachvollziehen lässt, dann sind insbesondere die Beethoven-Sonaten in ihrem nachdrücklichen Werk-Charakter nur in der je individuellen produktiv problemorientierten Entwicklung zu begreifen.
Die Parallele zum identitätsbildenden Bewältigungsstreben im Bildungsroman drängt sich auf. So sind nach Richard Klein »gewisse Analogien zwischen der Sonatensatzform und dem Bildungsroman« gegeben: »Beide kreisen um die Vermittlung von Zeit und Identität, bei beiden geht es um die prozesshafte Selbstwerdung oder Selbstfindung eines Subjekts, um seine Zerstreuung in äußere Konflikte und Kollisionen einerseits und um die Rückkehr aus solcher Entfremdung zu sich, das heißt um seine Entwicklung zu gleichsam rationaler Geschichts- und Lebensfähigkeit, andererseits.«

»Entfremdung« und »Selbstfindung« sind ebenso widersprüchlich wie untrennbar miteinander verbunden – die dialektische Überhöhung drängt sich geradezu auf.
Eine auf die ›Form‹ bezogene Faszination der 32 (mit Opus gezählten zweihändigen) Klaviersonaten Beethovens ergibt sich in der Tat aus der Dialektik von Einheit und Vielheit, von Konvention und Individualität, von Spannung und Entspannung.
Jede Sonate ist – wie das Leben – ein nicht rein additives Mosaik vieler Details, die nämlich erst in der spezifischen Folge und Bezogenheit nach innen und außen ein dynamisches Ganzes, eine Einheit bilden. Das Ende ist nur von Anfang und Fortsetzung her als Schluss einer rational reflektierbaren ›Geschichte‹ verstehbar.

Entsprechend gibt es keinen vertretbaren Schematismus, wie »der Stoff« (Motive, Themen etc.) »sich zum Kunstwerk organisiert«, und es gibt nicht die Sonatenform, sondern mit Charles Rosen gesprochen eher die ›sonata forms‹.
Die größere Offenheit dieses Plurals oder auch des abstrakteren, im Englischen geläufigen Begriffs ›sonata principle‹ passt eher zu den Beethoven-Sonaten und ihren individualisierten Formprozessen.

Im Seminar soll Beethoven als Bildner exemplarisch ausgesuchter Sonaten-›Biografien‹ untersucht und erfahren werden. Als produktive Fragehaltung wird im Vordergrund stehen, ob bei aller Pluralität doch ein ›Prinzip‹ in der Gesamtheit der Beethovensonaten auffindbar ist:
Die Annahme ›thematischer Substanz‹, von ›Substanzgemeinschaft‹, des ›Themendualismus‹, einer grundsätzlichen Finalorientierung? – schwierig zu beurteilen, wenn man die Spanne aller Sonaten fassen will.
In diesem Zusammenhang erscheint es sinnvoll, dass jede Seminarteilnehmer*in kriterienorientiert zu einer Sonate referiert. Für einen gelingenden Austausch ist es unerlässlich, über eine Gesamtausgabe der Beethoven’schen Klaviersonaten zu verfügen

Literatur

Th.W. ADORNO: Beethoven. Philosophie der Musik, Frankfurt a. M. 1993

A. BRENDEL: Nachdenken über Musik. Mit einem Interview von Jeremy Siepmann, München, 9. Auflage 1985 (darin: Kapitel Beethoven, S. 9–85)

C. DAHLHAUS: Ludwig van Beethoven und seine Zeit, Laaber 1987

C. DAHLHAUS: Allgemeine Theorie der Musik I. Historik – Grundlagen der Musik – Ästhetik, hrsg. von H. Danuser in Verb. mit H.-J. Hinrichsen u. T. Plebuch (= Gesammelte Schriften 1), Laaber 2000 (Kapitel: Was ist eine musikalische Gattung?; Das musikalische Kunstwerk als Gegenstand der Soziologie; Was ist eine musikalische Tatsache; Zur Theorie der musikalischen Gattungen; Emanzipation der Instrumentalmusik)

C. DAHLHAUS: Beethovens Spätstil, in: Ders., 19. Jahrhundert II. Theorie / Ästhetik / Geschichte: Monographien, hrsg. von H. Danuser in Verb. mit H.-J. Hinrichsen u. T. Plebuch (= Gesammelte Schriften 5), Laaber 2003, S. 87–95

Ar. EDLER: Großer Stil und freier Spielraum: Die Klaviersonate 1800–1830, in: Ders.: Gattungen der Musik für Tasteninstrumente.
Teil 2: Von 1750 bis 1830, hrsg. von S. Mauser (= Handbuch der musikalischen Gattungen 7,2), Laaber 2003, S. 177–234

E. FISCHER: Ludwig van Beethovens Klaviersonaten, Frankfurt a. M. 1966

H.-J. HINRICHSEN: Beethoven. Die Klaviersonaten, Kassel 2013

J.M. HUIZING: Ludwig van Beethoven: die Klaviersonaten. Interpretation und Aufführungspraxis. Aus dem Niederländischen von Matthias Müller, Mainz u.a. 2012

J. KAISER: Beethovens 32 Klaviersonaten und ihre Interpreten, Frankfurt a.M. 1979

Chr. KAMMERTÖNS: Das Klavier. Instrument und Musik, München 2013

Chr. KAMMERTÖNS/S. MAUSER (Hrsg.): Lexikon des Klaviers. Baugeschichte, Spielpraxis, Komponisten und ihre Werke, Interpreten. Mit einem Geleitwort von Daniel Barenboim, Laaber 2006

R. KLEIN: Thesen zum Verhältnis von Musik und Zeit, in: Musik in der Zeit. Zeit in der Musik, hrsg. v. R. Klein, E. Kiem, W. Ette, Weilerswist 2000, S. 57–107

A.B. MARX: Die Lehre von der musikalischen Komposition. praktisch theoretisch. Dritter Theil, Leipzig 1845 u.ö.

A.B. MARX: Ludwig van Beethoven. Leben und Schaffen, Bd. 1 u. 2 in einem Band, Berlin 1859 u.ö.

S. MAUSER: Beethovens Klaviersonaten. Ein musikalischer Werkführer, München, 2. Auflage 2008

Ch. ROSEN: Der klassische Stil. Haydn, Mozart, Beethoven, Kassel u.a. 1983

A. SCHIFF/M. MEYER: Beethovens Klaviersonaten und ihre Deutung. »Für jeden Ton die Sprache finden…«. András Schiff im Gespräch mit Martin Meyer, Bonn, 2. Auflage 2012

J. UHDE: Beethovens 23 Klaviersonaten, Stuttgart 1968

Bemerkung

BS/Analyse

findet online statt, bitte beachten!

 

Leistungsnachweis

Bedingung für den Erwerb eines BN:

Aktive Teilnahme, Bereitschaft zur Übernahme von Kurzreferaten einschließlich Handout und Powerpointpräsentation


Strukturbaum
Keine Einordnung ins Vorlesungsverzeichnis vorhanden. Veranstaltung ist aus dem Semester WiSe 2020/21 , Aktuelles Semester: SoSe 2024